Die Verlängerung der Bauzeit eines Projekts ist keine Seltenheit. Bauprojekte unterliegen einer Vielzahl von Einflussfaktoren, die zu Verzögerungen führen können – seien es unvorhergesehene Baugrundbedingungen, Witterungseinflüsse oder Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung.
Für Planende stellt sich dabei eine zentrale Frage: Wie wird der zusätzliche Aufwand der Objektüberwachung angemessen vergütet? Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen der Bauzeitverlängerung, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie mögliche Lösungsansätze für Ingenieure und Architekten in Brandenburg.
Rechtsgrundlage und vertragliche Grundlagen
Die Objektüberwachung, geregelt in der Leistungsphase 8 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), umfasst zentrale Aufgaben wie die Überprüfung der Bauausführung auf Übereinstimmung mit den genehmigten Plänen und Vorschriften. Das Honorar wird in der Regel pauschal vereinbart und basiert auf anrechenbaren Kosten sowie der Honorarzone. Verlängert sich jedoch die Bauzeit, sind die Regelungen der HOAI nicht ohne weiteres anwendbar. Eine direkte Anpassung des Honorars ist nicht vorgesehen, da die HOAI auf durchschnittliche Bauzeiten ausgelegt ist.
Die Störung der Geschäftsgrundlage: Ein rechtlicher Ansatz?
Wenn eine Bauzeitverlängerung eintritt, greifen Rechtsprechung und Fachliteratur häufig auf den Grundsatz der „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 BGB) zurück. Ursprünglich entwickelt, um dramatische Veränderungen wie Kriege oder Naturkatastrophen zu adressieren, wird dieser Grundsatz auch bei Bauzeitverlängerungen herangezogen. Doch ist dieser Ansatz angemessen? Kritiker weisen darauf hin, dass eine Bauzeitverlängerung häufige Praxis und kein außergewöhnliches Ereignis ist. Dennoch bietet § 313 BGB eine Möglichkeit, bei unvorhergesehenen und erheblichen Veränderungen der Vertragsbedingungen eine Anpassung zu fordern.
Praxisbeispiel aus der Rechtsprechung:
Ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2004 befasste sich erstmals mit der Anwendung von § 313 BGB im Zusammenhang mit einer verlängerten Objektüberwachung. Der BGH entschied, dass eine Bauzeitverlängerung grundsätzlich eine Anpassung des Honorars rechtfertigen kann, sofern die Parteien dies im Vertrag vorgesehen haben. Eine zentrale Klausel im Vertrag sah vor, dass bei Überschreitung der geplanten Bauzeit eine Verhandlung über die Honoraranpassung zu erfolgen hat. Dieses Urteil betonte die Bedeutung klarer vertraglicher Regelungen zur Vermeidung von Konflikten.
Empfehlungen für Ingenieure und Architekten:
Die Verlängerung der Bauzeit stellt Ingenieure und Architekten vor rechtliche und organisatorische Herausforderungen. Eine präzise Vertragsgestaltung und der proaktive Umgang mit Bauzeitverlängerungen sind der Schlüssel, um den zusätzlichen Aufwand angemessen zu honorieren. Gleichzeitig bietet der rechtliche Rahmen, insbesondere § 313 BGB, Ansätze, um unvorhergesehene Situationen zu bewältigen. Für Mitglieder der Brandenburgischen Ingenieurkammer ist es essenziell, sich mit diesen Themen vertraut zu machen, um in der Praxis optimal vorbereitet zu sein.
Ingenieure und Architekten, die ihre Verträge und Abläufe an diese Herausforderungen anpassen, stärken ihre Position und tragen dazu bei, die Qualität und Effizienz ihrer Projekte zu sichern.
Quelle: https://kurzlinks.de/v7qb