Die Entscheidungen des OLG Celle und des BGH werfen ein wichtiges Licht auf die Problematik der Übersicherung in Bauverträgen. In diesen Fällen wurde eine Kombination von Sicherungsklauseln als unangemessen eingestuft und daher als unwirksam erklärt.
Der Fall: Sicherungsklauseln mit Übersicherungsrisiko
In dem verhandelten Fall ging es um die Frage, ob eine durch den Auftraggeber geforderte doppelte Sicherheitsleistung des Auftragnehmers zulässig ist. Der Generalunternehmervertrag verpflichtete den Auftragnehmer zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % und zusätzlich zur Sicherung von Mängelansprüchen von 5 % der Brutto-Auftragssumme. Diese Sicherheiten addierten sich auf insgesamt 15 % der Auftragssumme – ein Betrag, den die Gerichte als unangemessen und übersichert bewerteten.
Das Landgericht Hannover erkannte die Unwirksamkeit der Sicherungsklauseln und wies die Klage des Auftraggebers ab. In der Berufung bestätigte das OLG Celle diese Entscheidung, und der BGH wies schließlich die Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers zurück. Damit wurde die Unwirksamkeit der überzogenen Sicherungsforderung rechtskräftig bestätigt.
Entscheidung: Warum sind doppelte Sicherungen problematisch?
Nach geltendem Recht darf eine Sicherungsabrede in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht zur Übersicherung führen, da dies den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt. Im vorliegenden Fall hätten die Sicherungsklauseln des Generalunternehmervertrags faktisch eine doppelte Absicherung der Mängelansprüche bedeutet. Die Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % sollte auch Mängelansprüche sichern, was im Zusammenwirken mit der weiteren Mängelansprüchesicherheit von 5 % zu einer Gesamtsicherheit von 15 % führte.
Laut § 9c Abs. 2 Satz 3 der VOB/A genügt eine Mängelansprüchesicherheit von 3 %, und in der Praxis der privaten Bauwirtschaft werden maximal 5 % als angemessen betrachtet. Somit wurde das Gesamtsicherungspaket von 15 % als überhöht und unwirksam eingestuft. Der BGH bestätigte diese Ansicht und betonte, dass es nicht Aufgabe der Gerichte sei, einzelne Klauseln zu retten, wenn das Zusammenspiel mehrerer Klauseln eine unangemessene Benachteiligung darstellt.
Praxistipps für Ingenieurinnen und Ingenieure: Sicherungsklauseln im Fokus
Für Ingenieurinnen und Ingenieure, die Verträge im Bauwesen mitgestalten und auf ihre Umsetzbarkeit prüfen, bedeutet diese Rechtsprechung eine erhöhte Sensibilität für das Zusammenspiel verschiedener Sicherungsmechanismen in Verträgen. AGB, die mehrere Sicherungsklauseln kombinieren, sollten sorgfältig auf ihre Vereinbarkeit mit geltendem Recht geprüft werden. Eine zu hohe Mängelansprüche-Sicherstellung kann als unangemessen gelten und ist daher in der Regel unwirksam.
Folgende Praxistipps können helfen, problematische Klauseln zu vermeiden:
Die Urteile des BGH und des OLG Celle haben wichtige Leitlinien für den Einsatz von Sicherungsklauseln in Bauverträgen geschaffen. Für Ingenieurinnen und Ingenieure bedeutet dies, dass sie in der Praxis mit einer kritischen Prüfung von Sicherungsklauseln Übersicherungsrisiken frühzeitig erkennen und entschärfen können. Ein solider Vertrag sichert nicht nur die Interessen des Auftraggebers, sondern vermeidet auch mögliche rechtliche Fallstricke für den Auftragnehmer – und sorgt damit für eine stabile und rechtssichere Zusammenarbeit.
Quelle: https://kurzlinks.de/7hse