Das Thema der Teilabnahme ist ein zentraler Aspekt bei Bauprojekten, insbesondere für Ingenieure, die mit der Überwachung und Koordination von Bauprozessen betraut sind. Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg (Urteil vom 02.03.2023 – 12 U 48/22) sowie der bestätigende Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13.03.2024 (VII ZR 57/23) bieten wichtige Orientierungshilfen zur Teilabnahme nach § 12 Abs. 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B).
Was bedeutet Teilabnahme?
Die Teilabnahme nach § 12 Abs. 2 VOB/B erlaubt es, in sich abgeschlossene Teile einer Bauleistung gesondert abzunehmen. Voraussetzung ist, dass die jeweiligen Leistungen nach allgemeiner Verkehrsauffassung als selbstständig und unabhängig von den übrigen Teilleistungen beurteilt werden können. Dies bedeutet, dass sowohl die technische Funktionsfähigkeit als auch die vorgesehene Nutzung eigenständig gewährleistet sein müssen.
Das Urteil im Detail
Im verhandelten Fall verlangte ein bauausführendes Unternehmen (AN) die Teilabnahme von Elektroeinlegearbeiten für einzelne Bauabschnitte. Der Auftraggeber (AG) lehnte diese ab, mit der Begründung, dass es sich um unselbstständige Teile eines einheitlichen Gewerks handele.Das Gericht stellte klar:
Relevanz für Ingenieure
Ingenieure spielen eine Schlüsselrolle bei der Planung, Ausführung und Abnahme von Bauprojekten. Das Urteil betont die Notwendigkeit, bereits in der Planungsphase klare Abgrenzungen zwischen den einzelnen Gewerken und Bauabschnitten zu schaffen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Praxistipps für Ingenieure
Teilabnahme und andere relevante Aspekte der VOB/B
Neben der Teilabnahme spielt der Begriff der „in sich abgeschlossenen Teilleistung“ auch in anderen Bereichen der VOB/B eine Rolle, z. B. bei der Teilkündigung (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B). Dies zeigt, wie wichtig eine präzise Definition von Leistungsteilen ist, die auch im BGB-Werkvertragsrecht (§ 648a Abs. 2 BGB) relevant bleibt.
Das Urteil des OLG Bamberg unterstreicht die Bedeutung einer klaren Abgrenzung und der technischen sowie funktionalen Selbstständigkeit von Bauleistungen für die Teilabnahme. Ingenieure sollten die Anforderungen aus § 12 Abs. 2 VOB/B genau kennen und bei der Planung und Vertragsgestaltung berücksichtigen, um Konflikte zu vermeiden und die rechtssichere Durchführung von Bauprojekten zu gewährleisten.
Mit einer fundierten Vorbereitung und klaren Absprachen können Teilabnahmen zu einem wertvollen Instrument werden, um den Fortschritt von Bauprojekten transparent zu gestalten und Risiken zu minimieren.
Quelle: https://kurzlinks.de/xjgk