Prüfsachverständigentag 2016 - Ein Rückblick
Die Veranstaltung fand am 4. März im baukulturpreiswürdig sanierten Klubhaus der Stadt Ludwigsfelde statt, einem nach 3-jähriger Sanierung baulich, akustisch, technisch und brandschutztechnisch ertüchtigtem Bau, der trotz dieser umfangreichen Eingriffe den Charme und die Großzügigkeit der 1960er Jahre beibehalten hat. Das angenehme und gut organisierte Ambiente prägte diesen Tag.
Kammerpräsident Matthias Krebs eröffnete den Prüfsachverständigentag und begrüßte u. a. folgende Gäste: MR Jan-Dirk Förster und OARin Gabriele Fritze von der Obersten Bauaufsicht des Landes Brandenburg; Andreas Feldhahn, Mitarbeiter des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt; LMR Jens Meißner vom Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr; MR Knut Czepuck des Arbeitskreises Technische Gebäudeausrüstung der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz; Professor Dr. Winfried Schütz, BTU Cottbus als Moderator und Torsten Klaehn als stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Ludwigsfelde.
Detlef Behrens, Vorsitzender des Ausschusses für Prüfsachverständigenwesen der BBIK, gab einen kurzen Abriss über die zurückliegende Arbeit des Ausschusses im Jahr 2015, über durchgeführte Prüfungen, Maßnahmeplanungen zur Weiterbildung als Prüfsachverständiger, Kontrollen von Prüfberichtsinhalten, Prüfungsdurchführungen, Mängelverfolgungen, Beschwerden, Stellung des Prüfsachverständigen in der zu erwartenden neuen BbgBO, Gleichwertigkeit und Listenführung in den jeweiligen Bundesländern.
Er appellierte an die Berufsehre, begründend auf Beschwerden der letzten Monate, bei wiederkehrenden Prüfungen festgestellte Mängel anzusprechen und seine Pflichten wahrzunehmen.
Herr Förster kommentierte den derzeitigen Verfahrensstand zur Novelle
der BbgBO und begründete die Anpassung an die Musterbauordnung (MBO).
„Der
Gesetzentwurf wurde am 22.12.2015 vom Kabinett beschlossen und dem
Landtag zugeleitet.“ Dort fand die erste Lesung am 20.01.2016 statt.
Derzeit beraten die Fachausschüsse darüber. U. a. fand am 03.03.2016
eine Expertenanhörung mit Vertretern der BBIK, der Architektenkammer
Brandenburg, der IHK, kommunaler Spitzenverbände, der Feuerwehrverbände,
des Landesbehindertenbeauftragten und Vertretern des Thüringer
Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr statt, die von ihren
Erfahrungen, der bereits 2004 umgesetzten Musterbauordnung, berichten
konnten.
Zum August 2016 wird mit dem Beschluss des neuen Gesetzes gerechnet.
Zu den Änderungen werden gehören:
- Die Einführung des fünfstufigen Gebäudeklassensystems
- Die musterkonforme Übernahme der Brandschutzanforderungen und des Sonderbautenkatalogs
- Die Rauchwarnpflicht für Wohnungen
- Die Einführung eines Bauleiters für die Koordinierung des Bauablaufes und die Bauüberwachung
- Der Prüfungsverzicht des Standsicherheitsnachweises bei 1- und 2-Familienhäusern
- Die Geltungsdauer bei planfestgestellten oder plangenehmigten baulichen Anlagen
- Die Einrichtung eines Baulas-tenverzeichnisses statt beschränkter pers. Dienstbarkeiten im Grundbuch
Beibehalten wird:
- Die Konzentrationswirkung des Baugenehmigungsverfahrens
- Die Berechnung und das System des Abstandsflächenrechtes (von 0,5 h auf 0,4 h)
Die Überarbeitung des Bauordnungsrechtes, die den Bundesländern obliegt,
muss der europäischen Gesetzgebung folgen. So wird in einem zweiten
Schritt auf die Änderung des Bauproduktengesetzes und das dazugehörige
Urteil des EuGH eingegangen.
Sachsen-Anhalt versucht für diese Umsetzung in der Bauordnung den dafür vorgesehenen Stichtag 16. Oktober 2016 einzuhalten.
Anschließend konnten fachspezifische Fragen an das Gremium gestellt werden, die im Dialog beantwortet worden sind.
Zum
Abschluss des ersten und gemeinsamen Teiles erörterte Dipl.-Ing.
Matthias Oeckel, Geschäftsführer Dr. Zauft Ingenieurgesellschaft für
Bauwesen mbH, gesetzliche Anforderungen bei der Errichtung und den
Betrieb von Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbewerber und ging sehr
praxisbezogen auf eine mögliche Umsetzung ein.
Aus der Not heraus und
den Bedürfnissen folgend, schnell und einfach Unterkünfte zu schaffen,
sind Lösungen zu suchen, die ein vertretbares Sicherheitsniveau
beinhalten. Dies erfolgt auf der Grundlage des Schreibens des MIL v.
09.10.2015 „Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden“.
Es wird empfohlen:
- Selbst bei genehmigungsfreien Nutzungen von Bestandsbauten (Wohnungen oder Beherbergungsstätten) über eine „angemessene Personenzahl“ im Rahmen einer Bauvoranfrage die uBAB entscheiden zu lassen.
- Von keiner pauschalen Freigabe auszugehen, da man sich im ungeregelten Sonderbau bewegt und das Vorhandensein von Verwendbarkeitsnachweisen zu prüfen ist!
- Voraussetzend für die Nutzung größerer Anlagen ein Brandschutzkonzept zu erstellen. Darin sind die besonderen Anforderungen zu definieren und Abweichungen in Abstimmung mit den Brandschutzdienststellen und Trägern der Einrichtung durch technische und organisatorische Maßnahmen zu kompensieren.
- Eine ständig besetzte Stelle vor Ort, eine ausreichend akustische Alarmierung und geschulte organisatorische Abläufe in Abstimmung mit den Brandschutzdienststellen als Grundvoraussetzung zu wählen.
Der
zweite Teil des Prüfsachverständigentages war untergliedert in die
Themenschwerpunkte der Fachsektionen Energetische Gebäudeplanung und
Sicherheitstechnische Gebäudeausrüstung.
Durch Anja Rogsch vom DIBT
und Britt Voigt vom MIL wurde umfangreich das EnEV-Kontrollsystem
erörtert und ausgiebig auf die Zusammenarbeit und die geplante
Organisation der Kontrollstufen eingegangen.
Abschließend wurde,
basierend auf dem Vortrag von Dr.-Ing. Peter Baum, der Umgang mit
Berechnungsprogrammen und in Zusammenarbeit mit Berliner Kollegen
enthusiastisch das weitere konstatierende Vorgehen diskutiert.
Es war im Fazit von der Auswahl des Ortes, der Organisation und der Wissensvermittlung eine sehr gelungene Veranstaltung!
Birgit Dieffenbacher
Mitglied BBIK und Beiratsmitglied der FS Hochbau und Denkmalschutz