Aufgrund der Kriegsereignisse in der Ukraine und der in der Folge verhängten weltweiten Sanktionen gegen Russland sind derzeit teils erhebliche Preissteigerungen bei bestimmten Produkten und Rohstoffen zu verzeichnen. Dies hat unmittelbaren Einfluss auf die Ausführung öffentlicher Aufträge.
Hierzu haben das Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und gleichlautend auch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Erlasse bzw. Rundschreiben veröffentlicht, die in besonderen Fällen eine Vertragsanpassung ermöglichen sollen. Die Stoffpreisgleitklausel wurde zwischenzeitlich bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.
Die Erlasse enthalten eine Regelung für Lieferengpässe und Preissteigerungen von Baumaterialien. Bauunternehmen, die bei Vertragsangebot Preise für Baumaterialien kalkuliert haben, die zum Zeitpunkt der Ausführung entweder später, gar nicht oder nur erheblich verteuert zu erhalten waren, sollen dafür einen Ausgleich erhalten. Damit sollen Bauunternehmen entlastet werden, die beim Erstellen ihrer Angebote nicht mit dieser Entwicklung rechnen konnten und die Materialpreissteigerung ansonsten selbst tragen müssten.
Eine vergleichbare Problematik stellt sich bei Ingenieurbüros nicht in derselben Form, da Ingenieurbüros zur Erbringung ihrer Dienstleistung keine Baumaterialen als Vorleistung beziehen müssen. Soweit Ingenieurbüros im Zusammenhang mit der Anwendung der Preisstoffgleitklausel (z.B. durch zusätzliche Angebotsprüfungen) Mehrkosten entstehen und es sich dabei um eine besondere Leistung nach HOAI handelt, ist diese dem Auftraggeber gesondert in Rechnung zu stellen. Bei Neuverträgen empfiehlt es sich, den Mehraufwand dafür eventuell bei der Angebotsabgabe bereits einzukalkulieren. Die Steigerung der Baumaterialkosten wirkt sich auch auf die anrechenbaren Baukosten aus, die Grundlage der HOAI-Abrechnung des Ingenieurbüros sind.
Kommt es aufgrund von Lieferschwierigkeiten zu Terminverzögerungen, gelten die im BMWSB-Erlass vom 25.03.2022 in Ziffer IV.1 genannten allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätze auch für hiervon betroffene Planungsbüros. Planerinnen und Planer sollten bei Behinderungsanzeigen durch die Bauunternehmen ebenfalls unter Hinweis auf das Vorliegen eines Falles höherer Gewalt ihre Behinderung dem Auftraggeber schriftlich anzeigen und sowohl die Verlängerung der Ausführungsfristen als auch eventuell anfallende Zusatzkosten anschließend im Einzelnen geltend machen.
>> Hinweise zum Umgang mit Preissteigerungen in der öffentlichen Auftragsvergabe
>> Lieferengpässe und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs