Ohne Fälligkeit kein Verzug, ohne Verzug kein Schadensersatz

Das Oberlandesgericht (OLG) Jena hat am 26. Oktober 2023 in einem bedeutenden Urteil (Az. 8 U 794/22) wichtige Klarstellungen bezüglich Verzug und Schadensersatzansprüchen in Bauverträgen getroffen. Dieses Urteil verdeutlicht die Voraussetzungen für Schadensersatzforderungen bei Verzug und die Anwendung von § 271 BGB im Kontext von Bauverträgen.

Für Ingenieure und Bauunternehmer in Brandenburg und ganz Deutschland bietet dieses Urteil wertvolle Einblicke in die rechtlichen Rahmenbedingungen und betont die Bedeutung klarer vertraglicher Vereinbarungen.

Hintergrund des Falls

Im vorliegenden Fall verlangte der Auftragnehmer (AN) die restliche Vergütung für die Gestellung von Gerüsten an insgesamt sieben Hallen. Der Auftraggeber (AG) verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass ein Gerüst unvollständig gestellt worden sei und keine Abnahme erfolgt sei. Zudem rechnete der AG mit Schadensersatzforderungen für Ausfallzeiten und unnütze Aufwendungen auf. Das Landgericht hatte den AG zur Zahlung verurteilt, woraufhin dieser Berufung einlegte.

Kernaussagen des Urteils

  1. Voraussetzungen für Verzugsschadensersatz: Das OLG stellte klar, dass Schadensersatzansprüche wegen Verzugs nur dann bestehen, wenn der Schuldner trotz Fälligkeit nicht leistet und der Gläubiger nach Eintritt der Fälligkeit gemahnt hat oder eine Mahnung entbehrlich war.

  2. Anwendung von § 271 BGB: Nach § 271 BGB kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, wenn keine Zeit für die Leistung bestimmt ist. Im vorliegenden Fall fand diese Vorschrift jedoch keine Anwendung, da die Parteien eine Vereinbarung über den Zeitpunkt der Leistungserbringung getroffen hatten.

  3. Keine Leistungszusage durch Kapazitätsbestätigung: Die Bestätigung von Kapazitäten zu bestimmten Zeitpunkten beinhaltet weder eine Leistungszusage noch führt sie dazu, dass die Leistung sukzessive und abhängig vom Baufortschritt erfolgen muss.

Entscheidung des OLG

Das OLG verneinte einen Verzugsschaden nach § 280 Abs. 1, § 286 BGB, da es an der Fälligkeit der Leistung mangelte. Die Vereinbarungen der Parteien über den Zeitpunkt der Gerüststellung führten zur Unanwendbarkeit von § 271 BGB. Zudem fehlte es an einer Mahnung, die nicht entbehrlich war, da keine Gründe vorlagen, die den sofortigen Eintritt des Verzugs rechtfertigten.

Für die Praxis ist dieses Urteil besonders relevant, da es die Bedeutung klarer vertraglicher Vereinbarungen und die Voraussetzungen für Verzugsschadensersatz verdeutlicht. Folgende Punkte sind für Ingenieure und Bauunternehmer essenziell:

  1. Klarheit in Verträgen: Stellen Sie sicher, dass Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Leistungserbringung eindeutig und schriftlich festgehalten werden. Vage Absprachen können zu rechtlichen Unsicherheiten führen.

  2. Fälligkeit und Mahnung: Achten Sie darauf, dass die Fälligkeit der Leistung klar definiert ist und im Falle eines Verzugs eine Mahnung ausgesprochen wird, es sei denn, diese ist aufgrund besonderer Umstände entbehrlich.

  3. Vertragliche Rechte und Pflichten: Vergewissern Sie sich, dass keine einseitigen Leistungsbestimmungsrechte bestehen, es sei denn, diese wurden ausdrücklich vertraglich vereinbart.

Das Urteil des OLG Jena bietet wichtige Erkenntnisse für die Baupraxis und unterstreicht die Bedeutung präziser Vertragsgestaltung und klarer Kommunikation zwischen den Vertragsparteien. Für Ingenieure und Bauunternehmer in Brandenburg und ganz Deutschland ist es unerlässlich, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und in der Praxis anzuwenden, um rechtliche Konflikte zu vermeiden und ihre Projekte erfolgreich abzuschließen.

Quelle: https://kurzlinks.de/ku3u

© Jocke Wulcan | Unsplash
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