Die von Hochschulen akkreditierten Architektur-Studiengänge erfüllen nicht automatisch die Voraussetzungen zum Führen der Bezeichnung Architekt. Da nicht jede Hochschule ihre Studiengänge auf das Berufsrecht abstimmt, müssen Studenten sich selbst informieren.
K interessierte sich im Winter 2020/2021 für einen Studiengang "Architektur", welcher von der IU Internationale Hochschule (damals noch IUBH) als duales Studium angeboten wurde. Mit einer zugehörigen Broschüre wurde über das siebensemestrige Bachelorstudium der Architektur informiert. In der Broschüre wurde ausgeführt, dass das Fernstudium die Grundlage für die Eintragung als Architekt sein kann, die Eintragung jedoch durch die Architektenkammer des jeweiligen Bundeslandes erfolgt und man sich dort zu den Regelungen und Eintragungsvoraussetzungen erkundigen könne. Daraufhin schließt K 2021 einen Studienvertrag, mit dem sich die IU zur ordnungsgemäßen Ausbildung des K auf Grundlage des geltenden Hochschulgesetzes verpflichtet. In 2022 erfährt K, dass er auf Grundlage des Studiums nicht befähigt sein wird, die Berufsbezeichnung Architekt zu tragen. Hierzu informiert die IU, dass mit dem Studiengang fachliche Kompetenzen erworben werden, das Fernstudium jedoch die Voraussetzung für eine Kammermitgliedschaft nicht erfülle. Die Bundesarchitektenkammer bestätige anderen Studenten hierzu auf Anfrage, dass der Akkreditierungsverbund sowie die Architektenkammern der Länder der IU inzwischen mehrfach nahegelegt hätten, ihr Studienangebot hinsichtlich der Eintragungsfähigkeit im Interesse der Studenten anzupassen. K kündigt den Vertrag, beginnt ein Studium der Architektur an einer anderen Hochschule und fordert von der IU Ausgleich seiner finanziellen Nachteile. Diese sollen zwei Jahre entgangenes Gehalt und Entgeltpunkte bei der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von mindestens 90.000 Euro betragen. Die IU weigert sich zu zahlen, da der Studiengang ordnungsgemäß akkreditiert sei. Daraufhin erhebt K Klage.
Entscheidung
Das Landgericht weist die Klage ab. K habe keinen Anspruch auf Schadensersatz, da kein kausaler Schaden vorliege und ihn zudem ein überwiegendes Mitverschulden treffe. Der Studiengang sei akkreditiert und es sei auch eindeutig, dass mit diesem nicht die Kammerfähigkeit erlangt werden könne. Es sei aber auch schon unklar, ob K den Studiengang erfolgreich abgeschlossen hätte; dies könne nicht unterstellt werden. Im Übrigen hätte K die Pflicht gehabt, sich vor Beginn des Studiums bei der für ihn zuständigen Architektenkammer zu erkundigen.
Praxishinweis
Architekten- wie auch Ingenieurkammern werden regelmäßig Anträge auf Mitgliedschaft vorgelegt. Bei der Prüfung zeigt sich dann jedoch, dass das Studium nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Gleiches gilt für Vorbehaltsaufgaben mit gesetzlichen Studienanforderungen wie die Bauvorlageberechtigung, Eintragung als Standsicherheitsnachweisberechtigter oder Prüfsachverständiger. Viele Hochschulen stimmen ihre Studiengänge auf die gesetzlichen Grundlagen ab; hierzu bieten die Kammern auch grundsätzliche Unterstützung an und bemühen sich, in Erstsemesterveranstaltungen aufzuklären. Teilweise bilden die Hochschulen jedoch unter Hinweis auf ihre Hochschulfreiheit Studenten aus, denen später wichtige Studieninhalte im Hinblick auf die Kammerfähigkeit fehlen. Dabei ist es besonders irreführend, wenn z. B. für ein Studium Wirtschaftsingenieurwesen am Ende der Abschluss Bauingenieurwesen vergeben wird. Vorsicht ist auch bei Weiterbildungen geboten, die mit einem Abschluss als "Master" werben. Ohne ein zuvor absolviertes grundständiges Studium führt auch dieser Weg nicht zur Berufsbezeichnung oder einer Bauvorlageberechtigung. Als Reaktion definieren Landesgesetze wie die BARL-BauO-VO NRW inzwischen über die Bezeichnung eines Studiengangs hinaus, welche konkreten Anforderungen ein Studium beinhalten muss, um in die jeweilige Liste eingetragen werden zu können.
Justiziar Dr. Alexander Petschulat, Düsseldorf undJustiziarin Monique Stache, Potsdam