Kontaminierte Holzkonstruktionen sanieren: Eine nachhaltige Lösung für Altbauten und historische Gebäude

In Deutschland sind etwa drei Millionen Gebäude mit den giftigen Holzschutzmitteln Lindan und Pentachlorphenol (PCP) belastet. Diese Chemikalien, die vor Jahrzehnten eingesetzt wurden, um Holz vor Pilz- und Insektenbefall zu schützen, sind krebserregend und neurotoxisch.

Seit 1989 sind sie in Deutschland verboten, doch die gefährlichen Stoffe sind nach wie vor in den behandelten Holzkonstruktionen präsent. Besonders betroffen sind historische Gebäude und Altbauten sowie öffentliche Gebäude wie Schulen und Kindergärten. Bisherige Sanierungsmethoden, die oft hohe Kosten und negativen Einfluss auf die Bausubstanz haben, sind weder nachhaltig noch effizient.

Forschende des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) entwickeln im Rahmen des Projekts CycloPlasma eine innovative Methode, um diese Schadstoffe rückstandsfrei und umweltfreundlich zu entfernen. Die neue Technologie verspricht, die giftigen Rückstände sowohl aus der Luft als auch aus den kontaminierten Holzstrukturen zu beseitigen, ohne die Bausubstanz zu beschädigen.

Herausforderung der Altlasten

In den 1970er- und 1980er-Jahren wurden Holzschutzmittel wie Lindan und PCP weitverbreitet eingesetzt. Diese Stoffe sind schwerflüchtig und haften über Jahrzehnte am Material. Die Folge ist eine anhaltende Gesundheitsgefahr durch kontaminierte Holzbalken, Holzverkleidungen und Dachstühle. Maßnahmen wie das Isolieren der betroffenen Bereiche oder das Entsorgen der kontaminierten Holzbaustoffe als Sondermüll sind bisherige Lösungen, die jedoch nicht nachhaltig und sehr kostspielig sind.

CycloPlasma: Eine neue Technologie

Das Fraunhofer IBP in Valley entwickelt mit der CycloPlasma-Technologie eine Lösung, die auf einer Kombination von Adsorptionstechnologie und Plasmaverfahren basiert. Diese Methode soll Schadstoffe rückstandslos und umweltfreundlich entfernen, ohne dass die Bausubstanz Schaden nimmt. Das Projekt wird von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung gefördert und vereint die Expertise der Abteilung Umwelt, Hygiene und Sensorik sowie des Geschäftsfelds Kulturerbeforschung des Fraunhofer IBP.

Cyclodextrine: Molekulare Helfer gegen Schadstoffe

Die Forschenden setzen Cyclodextrine (CD) als Adsorbermaterial ein, das wie eine Lasur auf das kontaminierte Holz aufgetragen wird. Cyclodextrine sind ringförmige Dextrosemolekül-Ketten, die enzymatisch aus Stärke gewonnen werden. Diese Moleküle sind in der Lage, Schadstoffe wie Lindan und PCP in ihren Hohlräumen einzuschließen und unschädlich zu machen. Dr. Andrea Burdack-Freitag, stellvertretende Abteilungsleiterin und Leiterin der Gruppe Analytik und Angewandte Sensorik, erklärt: „Die Ringstrukturen aus Zuckerketten umschließen das Lindan und PCP in einem Hohlraum und kapseln sie somit komplett ein.“

Das Forschungsteam hat eine neue gelförmige Rezeptur aus Cyclodextrinen entwickelt, die zerstörungsfrei auf das Holz aufgetragen werden kann. Diese farblose Textur verändert die Holzstruktur nicht und ist biologisch abbaubar. Sie sickert in die Poren des Holzes ein und saugt die Schadstoffe wie ein Schwamm auf. Bei höherer Schadstoffkonzentration kann die Cyclodextrin-Schicht überschüssige Schadstoffe nicht vollständig adsorbieren, die dann in die Innenraumluft gelangen.

Plasmatechnologie zur Luftreinigung

Um diese überschüssigen Schadstoffe aus der Luft zu entfernen, kommt ein Plasmagerät zum Einsatz. Dieses Gerät saugt die Luft an, durchzieht sie mit einem Plasmagas, das die Schadstoffe chemisch abbaut, und filtert die Abbauprodukte durch Aktivkohlefilter. Diese Methode stellt sicher, dass keine schädlichen Gase aus dem Gerät entweichen.

Erste Erfolge und Praxistests

Erste Laboruntersuchungen zeigen vielversprechende Ergebnisse. Die praktische Erprobung findet derzeit im kontaminierten Dachgeschoss der historischen Thürlmühle im Freilichtmuseum Glentleiten statt. Prof. Ralf Kilian von der Kulturerbeforschung betont, dass gerade historische Bauten häufig mit gefährlichen Holzschutzmitteln belastet sind. Die bisherigen Tests konnten die Schadstoffkonzentration auf ein Drittel reduzieren. Weitere Tests mit dickerer Lasur und Langzeituntersuchungen sollen die Wirksamkeit und Stabilität der Cyclodextrin-Schicht überprüfen.

Zukunftsperspektiven

Die CycloPlasma-Technologie bietet ein flexibles Baukastenprinzip zur Sanierung kontaminierter Holzkonstruktionen. Die Forschenden haben die Rezeptur zum Patent angemeldet und arbeiten an der Erweiterung der Methode für andere Baumaterialien wie Beton und Estriche. Potenzielle Industriepartner sind eingeladen, die Technologie weiter zu erforschen und anzuwenden. Diese nachhaltige Lösung könnte nicht nur bei Gebäuden, sondern auch bei der Restaurierung von Holzmöbeln und Holzobjekten eingesetzt werden.

Die CycloPlasma-Technologie verspricht, eine kosteneffiziente, nachhaltige und denkmalgerechte Lösung für die Sanierung von mit Lindan und PCP belasteten Holzkonstruktionen zu sein. Sie ermöglicht es, historische und öffentliche Gebäude sicher und gesund zu erhalten.

Quelle: https://kurzlinks.de/dw6w

© CrispyMedia | AdobeStock
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