Gewährleistungsansprüche im Bauwesen: Klare Mängelanzeige als Voraussetzung für Erfolg

Im Bauwesen, wo Projekte oft komplex sind und verschiedene Gewerke Hand in Hand arbeiten müssen, treten Mängel häufig auf. Für Ingenieure, Planer und Bauherren ist es daher entscheidend, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Geltendmachung von Mängelansprüchen zu kennen und korrekt anzuwenden.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg und ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) unterstreichen die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Mängelanzeige und die damit verbundenen Pflichten für Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN).

Rechtliche Rahmenbedingungen für Mängelanzeigen

Grundsätzlich haben Auftraggeber Anspruch auf Mängelbeseitigung, wenn die erbrachte Leistung nicht den vertraglich vereinbarten Anforderungen entspricht. Ein Mangel muss jedoch nicht nur vorliegen, sondern auch ordnungsgemäß angezeigt werden, um Gewährleistungsansprüche geltend machen zu können. Das bedeutet, dass der Mangel in einer Weise beschrieben werden muss, die es dem Auftragnehmer ermöglicht, klar zu erkennen, was genau beanstandet wird.

Das Urteil des OLG Naumburg (Az. 2 U 63/18) verdeutlicht, dass eine unspezifische Mängelanzeige nicht ausreicht. So genügte der Hinweis auf „beeinträchtigte Messwerte“ im Fall einer unzureichenden Frequenzumformung eines Blockheizkraftwerks nicht den Anforderungen. Für den Auftragnehmer war nicht ersichtlich, welcher konkrete Mangel vorlag, da weder die genaue Ursache noch die betroffene Komponente spezifiziert wurden. Dies führte dazu, dass der Anspruch auf Mängelbeseitigung abgelehnt wurde.

Anforderungen an eine Mängelanzeige

Die Mängelanzeige muss dem Auftragnehmer klar und präzise mitteilen, in welchem Bereich der Mangel auftritt und inwiefern die Ist-Beschaffenheit von der vertraglich geschuldeten Soll-Beschaffenheit abweicht. Dabei sollten folgende Punkte beachtet werden:

  1. Konkrete Beschreibung des Mangels: Es reicht nicht, nur Auswirkungen des Mangels zu schildern. Der Mangel muss so genau beschrieben werden, dass der Auftragnehmer ohne zusätzliche Untersuchungen verstehen kann, was nicht der vereinbarten Leistung entspricht.
  2. Verweis auf Vertragssoll: Der Auftraggeber sollte klarstellen, welche vertraglichen Vorgaben nicht eingehalten wurden.
  3. Fristsetzung zur Mängelbeseitigung: Nach der VOB/B ist es erforderlich, dem Auftragnehmer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen, bevor andere Rechtsmittel, wie Schadensersatz, geltend gemacht werden können.

Im Fall des OLG Naumburg hatte der Auftraggeber zudem keine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt, sondern sofort Schadensersatzforderungen erhoben. Dies verstößt gegen die Regelungen der VOB/B und führte ebenfalls zum Verlust der Gewährleistungsansprüche.

Verjährung und Arglist

Ein weiteres wichtiges Thema im Bauvertragsrecht ist die Verjährung von Mängelansprüchen. In dem behandelten Fall war vertraglich eine Verjährungsfrist von 36 Monaten vereinbart worden. Allerdings hätte der Auftraggeber bei arglistigem Verschweigen des Mangels auf eine längere Verjährungsfrist pochen können. Das Gericht entschied jedoch, dass keine Arglist vorlag und der Anspruch auf Schadensersatz daher verjährt war.

Hier zeigt sich, dass die individuelle Vertragsgestaltung von großer Bedeutung ist. Zwar können Verjährungsfristen vertraglich vereinbart werden, jedoch gilt im Fall arglistigen Verschweigens die gesetzlich festgelegte längere Frist. Eine abweichende vertragliche Vereinbarung greift in einem solchen Fall nicht.

Praktische Hinweise für Ingenieure und Bauherren

Für Ingenieure und Bauherren bedeutet dies, dass sie besonders sorgfältig vorgehen müssen, wenn es um Mängelanzeigen und Gewährleistungsansprüche geht. Um Rechtsansprüche nicht zu verlieren, sind folgende Schritte entscheidend:

  1. Sorgfältige Dokumentation: Jeder Mangel sollte klar dokumentiert und analysiert werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass eine ordnungsgemäße Mängelanzeige erfolgen kann.
  2. Fristsetzung: Bevor weitere Schritte eingeleitet werden, muss dem Auftragnehmer eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden.
  3. Vertragliche Details beachten: Bei der Ausgestaltung von Verträgen ist auf die Regelungen zur Verjährung und Arglist zu achten. Diese Themen sollten klar und unmissverständlich im Vertrag geregelt sein, um im Ernstfall rechtlich abgesichert zu sein.

Das Urteil des OLG Naumburg und der Beschluss des BGH zeigen deutlich, dass die ordnungsgemäße Mängelanzeige im Bauwesen von entscheidender Bedeutung ist. Ohne eine präzise und fristgerechte Anzeige droht der Verlust von Mängelansprüchen. Ingenieure, Planer und Bauherren sollten sich daher stets über ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein und diese professionell umsetzen, um kostspielige Fehler zu vermeiden.

Dieser Fall verdeutlicht, wie wichtig es ist, Verträge und rechtliche Bestimmungen genau zu verstehen und korrekt anzuwenden. Nur so können Projekte erfolgreich und im Rahmen der geltenden Gewährleistungsansprüche abgeschlossen werden.

Quelle: https://kurzlinks.de/on4h

© NVB Stocker | AdobeStock
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