Erhalt der Baukultur oder Schutz der Umwelt? Ein Forschungsprojekt der TH Köln beleuchtet den vermeintlichen Widerspruch

Der Gebäudesektor steht vor der gewaltigen Herausforderung, die CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Gleichzeitig ermöglicht das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) Ausnahmen für besonders erhaltenswerte Bausubstanz.

Dieser Umstand könnte zu einem Konflikt zwischen der angestrebten CO2-Neutralität und dem Erhalt des baukulturellen Erbes führen. Das Forschungsprojekt "erBe 2045 – klimaneutraler erhaltenswerter Gebäudebestand" der TH Köln untersucht diesen potenziellen Zielkonflikt und bietet Lösungsansätze.

Schwierige Definitionsbestimmung und Erhebungsmethodik

Das Gebäudeenergiegesetz sieht vor, dass für besonders erhaltenswerte Gebäude Ausnahmen von den strengen Sanierungsauflagen gelten. Doch was macht ein Gebäude besonders erhaltenswert? Diese Frage bleibt bisher weitgehend ungeklärt und stellt Städte und Gemeinden vor erhebliche Herausforderungen. Professor Thorsten Burgmer von der Fakultät für Architektur der TH Köln betont die Schwierigkeiten: „Der Begriff der erhaltenswerten Bausubstanz ist nicht klar definiert und somit ist ungewiss, wie groß der Anteil am gesamten Gebäudebestand in einer Kommune ist. Zudem sind die Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung oftmals nicht klar geregelt.“

Im Rahmen des Projekts sollen Kriterien entwickelt werden, die den Verwaltungen eine klare Entscheidungsgrundlage bieten. Diese Kriterien werden auf gesetzlichen Vorgaben zum Denkmalschutz und zur Stadtplanung sowie auf den Ergebnissen früherer Forschungsprojekte basieren. Ziel ist es, eine Methodik zu entwickeln, die vorhandene statistische Daten wie Alter und Bauart der Gebäude nutzt, um den erhaltenswerten Gebäudebestand zu identifizieren. Ergänzt werden diese Daten durch Detailanalysen in exemplarischen Kommunen sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum.

Relevanz für die kommunale Wärmeplanung

Eine präzise Erfassung der erhaltenswerten Bausubstanz ist essenziell für die kommunale Wärmeplanung, die bis 2028 von allen Kommunen und Landkreisen vorgelegt werden muss. „Um zu wissen, wie hoch der Wärmebedarf ist, muss klar sein, wie viele Gebäude aufgrund ihres baukulturellen Werts von Sanierungsmaßnahmen ausgeschlossen sind und somit weiterhin viel Energie benötigen“, erklärt Professor Burgmer.

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sollen es ermöglichen, den erhöhten Wärmebedarf einzuschätzen, wenn mehr Gebäude von energetischen Sanierungen ausgeschlossen sind. Dazu werden neben baukulturellen auch energetische Kennwerte in die Erhebungen einbezogen.

Lösung des Zielkonflikts

Ein wesentliches Ziel des Forschungsprojekts ist es, Wege aufzuzeigen, wie Klimaschutzziele erreicht und gleichzeitig baukulturelle Werte bewahrt werden können. Sanierungsmaßnahmen, die das äußere Erscheinungsbild nicht verändern, wie etwa Innendämmungen oder die Installation neuer Heizungsanlagen, bieten hier Potenzial. „Daher wollen wir mit Eigentümerinnen und Eigentümern ins Gespräch kommen und individuelle Maßnahmen aufzeigen, die den vermeintlichen Zielkonflikt auflösen“, so Burgmer.

Das Forschungsprojekt "erBe 2045 – klimaneutraler erhaltenswerter Gebäudebestand" der TH Köln leistet einen wichtigen Beitrag zur Lösung eines der drängendsten Probleme unserer Zeit: den Spagat zwischen Klimaschutz und dem Erhalt des baukulturellen Erbes. Durch die Entwicklung klarer Kriterien und Methodiken wird es Städten und Gemeinden ermöglicht, fundierte Entscheidungen zu treffen und eine nachhaltige Wärmeplanung zu betreiben. So können sowohl die Klimaziele als auch der Erhalt unserer Baukultur sichergestellt werden.

Quelle: https://kurzlinks.de/ds7h

© Marie Bellando Mitjans | Unsplash
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