Die Novellierung der HOAI – ein Resümee zur Halbzeit

Als die Kammern und Verbände, unter der Federführung des AHO, der Bundesarchitektenkammer und der Bundesingenieurkammer, im Frühjahr 2021 den politischen Prozess der Novellierung der HOAI 202x einleiteten, konnte niemand sagen, ob eine Novellierung der HOAI, Bestandteil des Koalitionsprogramms einer künftigen Bundesregierung sein würde.

Dass die Aufnahme der Novellierung der HOAI in den Koalitionsvertrag gelungen ist, war seinerzeit ein großer berufspolitischer Erfolg aller Beteiligten auf der Planerseite.

Zu dem Zeitpunkt, als sich die neuen Ministerien dieser Legislaturperiode konstituiert hatten, konnten die Verbände und Kammern damit bereits fachliche Empfehlungen und konkrete Vorschläge als Grundlage für den bevorstehenden Novellierungsprozess einbringen.

Im Einvernehmen zwischen dem für die Novellierung der HOAI innerhalb der Bundesregierung federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) wurde der Novellierungsprozess analog zum Verfahren der Novellierung der HOAI 2013 zweistufig gestaltet. In dieser Folge werden zwei Gutachten erstellt, die sich zum einen mit der fachlichen Evaluierung der Leistungsbilder und zum anderen mit den wirtschaftlichen Aspekten der HOAI auseinandersetzen.

Ein Zwischenfazit

Nach Abschluss der 1. Stufe des Verfahrens, in der unter baufachlicher Verantwortung des BMWSB die Evaluierung der Leistungsbilder vorgenommen wurde, kann folgendes Zwischenfazit gezogen werden.

Allem vorangestellt ist zu resümieren, dass die Mitwirkung an der fachlichen Novellierung der HOAI in einer beispielhaften Geschlossenheit zwischen Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure aller Fachrichtungen sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner erfolgte. Diese Geschlossenheit war eine maßgebliche Voraussetzung für das Gelingen der intensiven und teilweise kontroversen Diskussionen mit den Vertretern der Auftraggeber. Unser Dank geht dabei an die mehr als 200 Architekten und Ingenieure, die sich intensiv und mit persönlichem Engagement in diesen Prozess eingebracht haben.

Geplante Veränderungen

Bevor über die wesentlichen Veränderungen in der novellierten HOAI berichtet wird, muss erwähnt werden, dass die Kammern und Verbände in diesem Prozess lediglich eine beratende und begleitende Funktion haben. Diese bringen ihr Wissen und ihre Erfahrung, die sie im täglichen Umgang mit der HOAI erworben haben, in den Evaluierungsprozess ein. Dabei entsteht kein Anspruch, dass alle Änderungen, die für die Planerinnen und Planer sinnvoll erscheinen, vom Verordnungsgeber übernommen werden.

Unabhängig davon konnten sich die Vertreter von Bund, Länder, Kommunen und privater Auftraggeber, des Gutachterteams sowie der Kammern und Verbände auf eine Reihe sinnvoller Veränderungen einer künftigen HOAI verständigen.

Allgemein ist festzustellen, dass die bewährte Grundstruktur der HOAI mit Leistungsbildern, Leistungsphasen und Honorartafeln in der bestehenden Gliederung erhalten bleibt. Gleiches gilt für die Grundlagen des Honorars mit anrechenbaren Kosten (bzw. Flächen und Verrechnungseinheiten) sowie dem Umbau –und Modernisierungszuschlag. In Hinblick auf das sich anschließende Honorargutachten wird empfohlen, den Ersatz der bisherigen Honorarspannen (Basishonorarsatz bis oberer Honorarsatz) durch angemessene Honorarwerte zu prüfen.

Der Vorschlag der Kammern und Verbände, die bisherigen Bewertungsmerkmale zur Einordnung in die Honorarzone um die weiteren Merkmale Planen im Bestand, BIM/Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Projektorganisation zu ergänzen, um einen objektiven und transparenten Honorarwert zu ermitteln und damit diesen maßgeblichen Zukunftsthemen nachvollziehbar bei der Honorarermittlung zu berücksichtigen, wird von Auftraggeberseite in der vorgeschlagenen erweiterten Honorarermittlungsstruktur nicht mitgetragen, weil zu diesem Punkt nur eine behutsame Fortentwicklung angestrebt wird.

Gleichwohl haben die Vorschläge die Diskussionen bereichert, wichtige Impulse gesetzt und folgende positive Entwicklungen zur Folge:

Planen im Bestand
Es soll nur noch zwischen Neubau und Bestand unterschieden werden. Die in der Praxis oftmals streitträchtige Abgrenzung von Umbau, Modernisierung, Instandhaltung oder Instandsetzung entfällt.

Die mitzuverarbeitende Bausubstanz bleibt erhalten und die vielfach schwierige Ermittlung deren Umfangs wird dahingehend konkretisiert, dass anstelle einer „angemessenen Berücksichtigung“ zukünftig eine konkrete Ermittlung mit Menge, Kostenkennwert und einem in den jeweiligen Leistungsbildern konkret aufgeführten Abminderungsfaktor (Zustandsfaktor) vorgegeben wird. Es wird empfohlen, den in der Anwendung kritischen Leistungsfaktor durch das Honorargutachten zu überprüfen.

Die Ermittlung des Umbauzuschlages wird dahingehend definiert, dass mit diesem Zuschlag der „zu erwartende Mehraufwand bei der Objekt- und Fachplanung“ gegenüber Neubauten berücksichtigt wird. Zur Ermittlung des Umbauzuschlages werden erstmals die Merkmale Integration, Flexibilität, Risiko, Komplexität und Organisation der baulichen Maßnahme in den Verordnungstext eingeführt. Dieser Vorschlag geht auf die in Heft 1 der AHO-Schriftenreihe entwickelten Merkmale zurück. Zur Ermittlung der Höhe des Umbauzuschlages haben die Kammern und Verbände ebenfalls einen Vorschlag unterbreitet, der im Honorargutachten geprüft wird. Grundsätzlich kann dieser Zuschlag jedoch frei vereinbart werden.

Sofern keine Vereinbarung getroffen wird, gilt weiterhin ein Zuschlag von 20 Prozent ab durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad als vereinbart.

Building Information Modeling
Eine eigens eingerichtete Projektgruppe BIM hat neben einer Definition BIM in den Allgemeinen Vorschriften einen Regelprozess BIM entwickelt, auf dessen Basis die Grundleistungen nach der Methode BIM zu erbringen sind, sofern die Parteien dies vereinbaren. Die Bewertung ob und in welcher Höhe ein Mehraufwand bei Vereinbarung von BIM entsteht, erfolgt im Honorargutachten. Die Kammern und Verbände haben dazu einen Bewertungsvorschlag unterbreitet. Darüber hinaus werden in den jeweiligen Leistungsbildern Besondere Leistungen BIM ergänzt.

Nachhaltigkeit
Der Begriff Nachhaltigkeit wird in die Begriffsbestimmungen aufgenommen. In den Leistungsbildern werden die Begriffe „nachhaltig“ und „Nachhaltigkeit“ in allen Leistungsbildern berücksichtigt sowie Grund- und Besondere Leistungen abgegrenzt.

Folgende weitere Veränderungen sind derzeitig vorgesehen:

  • Rückführung der Leistungen (Umweltverträglichkeitsstudie, Bauphysik, Geotechnik und Ingenieurvermessung) als Fachplanungen aus der Anlagenstruktur (Anlage 1) in den Verordnungsteil der HOAI
  • Modernisierung und Synchronisierung der Grund- und Besonderen Leistungen in den Leistungsbildern
  • Synchronisierung der Lph. 1 mit der sog. „Zielfindungsphase“ gemäß § 650 p Abs. 2 BGB
  • Klarstellende Regelung im Leistungsbild Freianlagen zur Koordination und Integration der Technischen Ausrüstung
  • Die Grundleistungen der Bauüberwachung für Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke werden als gesonderte Regelung in Anlehnung des § 57 HOAI 2002 im Teil 3 der Objektplanungen erfasst
  • Neue Grundleistung Objektüberwachung in Leistungsphase 8 Tragwerksplanung
  • Einführung von Bewertungsmerkmalen zur Bestimmung der Honorarzone für die Tragwerksplanung
  • Aufnahme des Tragwerks für die Fassade als eigenes Objekt mit entsprechender Aufnahme in die Objektliste
  • Bezugnahme auf die DIN 276 (2018-12) bei der Kostenermittlung
  • Neufassung und Klarstellung der Regelung bei Planungsänderungen/ Wiederholungsleistungen
  • Wiedereinführung einer Regelung für abschnittsweises Bauen innerhalb eines Objekts (Zeitliche Trennung der Leistung (analog zu § 21 HOAI 1996)
  • Wiedereinführung einer Regelung für Erweiterungsbauten (analog § 23 HOAI 1996)
  • Einführung eines neuen Leistungsbildes städtebaulicher Entwurf

Weitere Regelungen befinden sich noch im Abstimmungsprozess bzw. werden Grundlage für die Aufgabenstellung des Wirtschaftsgutachtens.

Ausblick
Nach den wichtigen Beratungen zur Evaluierung der Leistungsbilder muss nun die Honorarseite in den Fokus genommen werden. Dazu wurden im Hinblick auf die Ausschreibung und fachliche Begleitung des Honorargutachtens durch die Kammern und Verbände frühzeitig Gespräche mit dem für die dieses Gutachten zuständigen Bundeswirtschaftsministerium geführt und die wesentlichen Themen adressiert.

Zentrale Aspekte des Honorargutachtens:

  • Überprüfung der veränderten Grundleistungen im Hinblick auf deren Mehraufwand
  • Überprüfung und Anpassung aller Honorartafeln im Hinblick auf die allgemeine Kostenentwicklung und Ermitteln des besonderen Nachholbedarfs für die flächenbezogenen Honorartafeln
  • Überprüfung und Anpassung der Grundleistungen Örtliche Bauüberwachung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen (Prozentsätze der anrechenbaren Kosten)
  • Überprüfung der Honorartafeln insbesondere wegen der Unauskömmlichkeit bei Objekten mit geringen anrechenbaren Kosten. In diesem Zusammenhang Prüfung einer eigenen Honorartafel für Innenräume
  • Korrektur fehlerhafter Honorartafeln, z. B. Landschaftspflegerischer Begleitplan, Bauvermessung
  • Erweiterung des Anwendungsbereichs der Honorartafeln (Vorschlag Erweiterung auf 500 Millionen Euro) und Prüfung der Tafeleingangswerte
  • Einführung einer Dynamisierungsregel für die flächenbezogenen Honorartafeln zur Anpassung an die allgemeine Kostenentwicklung (Preisindexregelung)
  • Prüfung der Auswirkungen durch Bezugnahme auf die DIN 276 (2018-12) wegen der größeren Mindestgliederungstiefe einschl. Kostenrahmen
  • Untersuchung und Bewertung des Planungsaufwandes für die Leistungserbringung im Regelprozess BIM
  • Prüfung und Festlegung eines interpolierten Honorarwertes anstelle der bisherigen Honorarspannen
  • Untersuchung des Vorschlags zur Honorarermittlung für den Umbauzuschlag

Nach dem Abschluss des baufachlichen Fachgutachtens im BMWSB kommt es nun darauf an, das wichtige Honorargutachten mit der Expertise der Planerinnen und Planer effektiv zu begleiten und die gemeinsam erreichten Zwischenergebnisse auch honorartechnisch in der zweiten Stufe des Novellierungsprozesses zu einem erfolgreichen Abschluss in dieser Legislaturperiode bis 2025 zu bringen. Die Fortführung der bislang gezeigten Geschlossenheit von Architekten und Ingenieuren bietet dafür eine entscheidende Grundlage.

Autoren des Artikels: Klaus-D. Abraham (Vorstandsvorsitzender des AHO), Joachim Brenncke (HOAI-Sonderbeauftragter der BAK) und Sylvia Reyer-Rohde (Vizepräsidentin der Bundesingenieurkammer)

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