VOB/B – Ein bewährtes Regelwerk mit Tücken: Was Ingenieure wissen müssen

Die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) ist seit ihrer Einführung im Jahr 1926 ein fester Bestandteil der Bauwirtschaft. Trotz ihres Alters und zahlreicher Reformen bleibt sie ein unverzichtbares Instrument zur Regelung von Bauverträgen.

Doch wie bei jeder bewährten Grundlage verbergen sich auch in der VOB/B Herausforderungen und Risiken, die es zu meistern gilt. Die Brandenburgische Ingenieurkammer gibt Einblicke in die wichtigsten Aspekte, die Ingenieure, Planer und Bauprofis beachten sollten, um rechtssicher zu agieren.

Ein zeitloser Klassiker mit Anpassungsbedarf

Die VOB/B ist ein praxiserprobtes und ausgewogenes Regelwerk, das auf jahrzehntelanger Erfahrung basiert. Doch die Dynamik des Baurechts – insbesondere die Einführung des neuen Werkvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im Jahr 2018 – stellt die VOB/B vor Herausforderungen. Viele ihrer Klauseln stehen mittlerweile unter verstärkter gerichtlicher Prüfung. Dies führt zu Rechtsunsicherheiten, insbesondere bei Themen wie Nachtragsvergütungen, Mängelrechten und Abnahmeverfahren.

Acht Fallstricke der VOB/B – Worauf Ingenieure achten sollten

Rechtsanwalt Frederic Jürgens, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, nennt die häufigsten Fehler bei der Anwendung der VOB/B. Hier die wichtigsten Punkte für Ingenieure:

  1. Vertraglicher Leistungsumfang: Eine klare Definition des Leistungssolls ist essenziell. Ungenauigkeiten führen zu Konflikten, Nachträgen und unvorhergesehenen Kosten.
  2. Bedenken- und Hinweispflichten: Ingenieure und Bauleiter sollten Mängel oder Unstimmigkeiten frühzeitig und schriftlich mitteilen. „Wer schreibt, der bleibt“, lautet hier die Devise.
  3. Nachträge: Die Unterscheidung zwischen geänderten und zusätzlichen Leistungen ist in der VOB/B geregelt, aber komplex. Eine präzise Dokumentation ist entscheidend.
  4. Behinderungen des Bauablaufs: Eine lückenlose bauablaufbezogene Darstellung aller Störungen ist für mögliche Schadensersatzansprüche unerlässlich.
  5. Vertragsstrafe: Diese kann präventiv wirken, doch die praktische Durchsetzbarkeit ist oft begrenzt, insbesondere bei längeren Projekten und Bauablaufstörungen.
  6. Abnahme: Die förmliche Abnahme ist Standard in VOB/B-Verträgen. Ingenieure sollten darauf achten, dass die Klauseln zur Abnahme rechtssicher und praktikabel sind.
  7. Mängelrechte vor Abnahme: Vor der Abnahme gilt: keine Mängelrechte, sondern nur der Anspruch auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung.
  8. Kündigung des Bauvertrags: Eine Kündigung sollte stets gut durchdacht und rechtlich abgesichert sein. Fehler können gravierende finanzielle Folgen haben.

Tipps für eine sichere Anwendung der VOB/B

1. Präzise Vertragsgestaltung

Eine detaillierte und rechtskonforme Gestaltung von VOB/B-Verträgen unter Berücksichtigung des BGB ist essenziell. Hybride Verträge, die die Vorteile beider Regelwerke nutzen, haben sich in der Praxis bewährt.

2. Fortbildung und Expertise

Die rechtlichen Grundlagen im Bauwesen ändern sich stetig. Ingenieure und Bauleiter sollten regelmäßig Schulungen besuchen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.

3. Lückenlose Dokumentation

Von der Angebotsphase bis zur Bauabnahme: Eine umfassende und gut geführte Dokumentation kann im Streitfall entscheidend sein.

4. Zusammenarbeit mit Experten

Die Begleitung durch erfahrene Fachanwälte kann helfen, Fehler zu vermeiden und Konflikte frühzeitig zu lösen.

Die VOB/B bleibt trotz ihrer Tücken ein zentraler Bestandteil des Bauvertragsrechts. Ingenieure, Auftraggeber und Bauunternehmen profitieren von ihrer Struktur, wenn sie sich der Risiken bewusst sind und diese aktiv managen. Durch präzise Planung, klare Kommunikation und kontinuierliche Fortbildung lassen sich viele Herausforderungen meistern – damit das nächste Bauprojekt ein Erfolg wird.

>> Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Rechtsanwalt Frederic Jürgens

© totojang1977 | AdobeStock
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