Deutschland steht vor der Herausforderung, seine Ressourcen effizienter zu nutzen und dabei nachhaltiger zu handeln. Angesichts der Tatsache, dass wir jährlich 642 Millionen Tonnen an Gütern importieren und gleichzeitig 412 Millionen Tonnen Abfall produzieren, wird deutlich, dass wir eine bedeutende Menge an Ressourcen ungenutzt lassen.
Insbesondere machen Bau- und Abbruchabfälle mit einem Anteil von 53,4 % einen erheblichen Teil dieses Abfalls aus. Dabei birgt gerade die urbane Umgebung ein immenses Potenzial als Rohstofflager.
Der Begriff "Urban Mining" beschreibt genau diesen Ansatz: die Rückgewinnung von Baustoffen aus der bestehenden gebauten Umwelt. Rein mengenmäßig betrachtet könnten urbane Minen eine Vielzahl von Rohstoffen liefern, doch die Herausforderung liegt darin, diese Materialien in einer umweltverträglichen, sortenreinen und ökonomisch attraktiven Weise wiederzugewinnen.
Ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft besteht darin, Materialien sortenrein zu verbauen und lösbar zu verbinden. Dies bedeutet, dass Baumaterialien nicht nur bei ihrer Nutzung, sondern auch bei ihrem Rückbau und ihrer Wiederverwendung berücksichtigt werden müssen. Sortenreine Materialien weisen gleiche Werkstoffeigenschaften auf und sind nicht mit anderen Materialien gemischt oder anderweitig verbunden. Dies steht im Gegensatz zu Verbundwerkstoffen, die aus verschiedenen Materialien bestehen und fest miteinander verbunden sind.
Eine weitere Hürde stellt die Verwendung von lösbarer Verbindungstechnik dar. Herkömmliche Techniken wie Verkleben oder Verfugen können dazu führen, dass Materialien verunreinigt werden und ein sortenreiner Rückbau erschwert wird. Daher ist es für eine kreislaufgerechte Bauweise entscheidend, auf lösbarere Verbindungstechniken umzusteigen.
Darüber hinaus erfordert der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ein Umdenken in der Verwaltung von Materialbeständen und -flüssen. Ähnlich wie bei einem Lager müssen Materialien der gebauten Umwelt inventarisiert, dokumentiert und kommuniziert werden, um zu wissen, welche Ressourcen wann und in welchen Mengen verfügbar sind. Dies wird den Entwurfs- und Bauprozess sowie die Liefer- und Wertschöpfungsketten entscheidend verändern.
Ein vielversprechender Ansatz zur Verfolgung und Schließung von Materialflüssen sind digitale Materialpässe. Diese ermöglichen eine detaillierte Beschreibung der verbauten Materialien in einem Gebäude sowie Informationen über Menge, Qualität und Größe der Baustoffe. Mit der Einführung von Kreislaufwirtschaft entstehen auch neue Geschäftsmodelle in der Baubranche, wie etwa das Vermieten von Materialien für einen bestimmten Zeitraum, gefolgt von ihrer Rückführung in den Produktionsprozess des Unternehmens.
Urban Mining bietet somit nicht nur die Möglichkeit, wertvolle Ressourcen zurückzugewinnen, sondern auch eine Chance, die Bauindustrie hin zu einer nachhaltigeren und effizienteren Zukunft zu führen. Durch eine ganzheitliche Betrachtung von Materialflüssen und die Einführung innovativer Techniken können Städte zu wahren Rohstoffminen werden, die einen wichtigen Beitrag zur Schonung unserer begrenzten Ressourcen leisten.
Quelle: https://kurzelinks.de/zi47