Für Bauherren ist der Begriff "schlüsselfertig" oft entscheidend bei der Planung und Umsetzung ihres Bauprojekts. Doch was genau bedeutet es, wenn ein Bauunternehmen verspricht, schlüsselfertig zu bauen? Ein aktuelles Urteil des OLG Braunschweig sowie ein Beschluss des BGH bieten hierzu wichtige Klarstellungen.
Was bedeutet "schlüsselfertig"?
Die rechtliche Definition von "schlüsselfertig" wurde in einem Urteil des OLG Braunschweig sowie einem Beschluss des BGH näher beleuchtet. Grundsätzlich beschreibt der Begriff die funktionale Beschreibung des Leistungsinhalts. Dabei müssen konkrete Leistungsbeschreibungen vorrangig beachtet werden. Schlüsselfertigkeit bedeutet, dass der Bauherr nach Fertigstellung des Projekts ohne weitere Bauleistungen sofort mit dem Einzug und der Möblierung beginnen kann. Es ist also eine Pauschalierung des Leistungsinhalts, wobei bestimmte Leistungen explizit herausgenommen werden können, sofern sie in der Baubeschreibung festgehalten sind.
Wichtige Entscheidungen im Überblick
Ein aktueller Fall verdeutlicht die Relevanz dieser Definition: Ein Auftraggeber beauftragte einen Auftragnehmer mit der schlüsselfertigen Errichtung einer Wohnanlage. Der Auftraggeber bemängelte jedoch, dass der Bodenbelag in den Wohnräumen und Fluren nicht verlegt worden sei und somit das Projekt nicht "schlüsselfertig" sei. Das Gericht urteilte jedoch zugunsten des Auftragnehmers, da die fehlenden Bodenbeläge nicht dem Grundsatz der Schlüsselfertigkeit widersprechen, solange sie explizit aus der Leistungsbeschreibung gestrichen wurden.
Praxishinweise für Bauherren und Ingenieure
Spezifische Leistungsbeschreibungen gehen vor: Ist eine Teilleistung detaillierter beschrieben, hat diese Beschreibung Vorrang vor der funktionalen Beschreibung der Schlüsselfertigkeit.
Qualität der Leistungen: Die Qualität der Leistungen bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung wird durch Auslegung ermittelt. Dabei sind der technische Zuschnitt des Vorhabens und die Bestimmung des Gebäudes von Bedeutung.
Berücksichtigung des Verwendungszwecks: Der erwartete Qualitätsstandard kann je nach Zweckbestimmung des Gebäudes variieren. So sind die Anforderungen an ein Bürogebäude anders als die an ein Repräsentativbau.
Rechtliche Aspekte: Die Verwendung von Schlüsselfertigkeitsklauseln ist nicht allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)-widrig. Diese Klauseln sind rechtlich zulässig und können in Verträgen verwendet werden.
Der Begriff "schlüsselfertig" ist nicht nur für Bauherren, sondern auch für Ingenieure von großer Bedeutung. Eine klare Definition und rechtliche Klarstellungen helfen, Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden. Durch die Berücksichtigung von spezifischen Leistungsbeschreibungen, Qualitätsstandards und rechtlichen Aspekten können Bauvorhaben erfolgreich und im Sinne aller Beteiligten umgesetzt werden.
Quelle: https://kurzlinks.de/ajc2