Gestaltete Gefacheputze: Tradition, Techniken und Restaurierung

Die Gestaltung von Gefacheputzen an Fachwerkgebäuden ist eine kunsthandwerkliche Tradition, die in verschiedenen Regionen Deutschlands tief verwurzelt ist. Diese dekorativen Putztechniken, oft als "Kratzputze" bezeichnet, prägen das Erscheinungsbild vieler historischer Bauwerke und erzählen von der reichen Kulturgeschichte vergangener Jahrhunderte.

Verbreitung und Ausführung gestalteter Gefacheputze

In Regionen wie Franken, Thüringen, Baden-Württemberg und den Vierlanden bei Hamburg sind Fachwerkgebäude mit kunstvoll gestalteten Gefachen anzutreffen. Besonders in Hessen, vor allem im Raum Marburg-Biedenkopf und der Schwalm, hat sich diese Tradition bis heute erhalten. Die Technik der Gestaltung reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück und wurde von Generation zu Generation weitergegeben.

Die Ausführung gestalteter Putze erfolgt durch das Einprägen von Mustern in den frischen Putz mittels Reisigbesen, Nagelbrettern oder Stempeln. Häufig werden florale und geometrische Figuren, manchmal auch Tiere und Menschen, in die Putzoberfläche modelliert. Diese reliefartigen Strukturen verleihen den Fachwerkfassaden eine lebendige und ansprechende Optik.

Techniken und Motive

Die Gestaltung der Gefacheputze erfolgt auf einem Kalkputz, der oft mit Tierhaaren oder pflanzlichen Fasern verstärkt wird. Zu den verwendeten Techniken zählen das Einritzen, Stippen und Modellieren der Motive. Je nach Region und Handwerkstradition sind verschiedene Ausführungsarten verbreitet.

Modelliertes Motiv:

  1. Die geglättete Putzfläche wird mit einem Reisigbesen gestippt oder mit einem Holzstempel gestempelt.
  2. Mit spachtelartigen Werkzeugen werden die Motive einmodelliert.
  3. Abschließend erfolgt ein Anstrich mit Kalkfarbe.

Gestipptes Motiv:

  1. Die geglättete Putzfläche wird mit einem spitzen Werkzeug eingeritzt.
  2. Die Binnenfläche wird ausgestippt.
  3. Ein Kalkanstrich wird im Bereich des geglätteten Randstreifens aufgetragen.

Erfassung und Dokumentation

Die Erfassung und Dokumentation dieser kunstvollen Putztechniken ist essenziell für den Erhalt des kulturellen Erbes. Der Marburger Architekt Karl Rumpf und der Denkmalpfleger und Fotograf Ludwig Bickell haben im 19. und 20. Jahrhundert bedeutende Beiträge zur Dokumentation der Kratzputze geleistet. Ihre Arbeiten sind wichtige Quellen für die heutige Forschung und Restaurierung.

Konservierung und Restaurierung

Die Konservierung und Restaurierung gestalteter Gefacheputze erfordert spezielle Kenntnisse und Techniken, um die historischen Strukturen und Materialien zu bewahren. Fachleute nutzen traditionelle Methoden und Materialien, um die ursprüngliche Ästhetik und Funktionalität der Putze zu erhalten. Dabei ist es wichtig, den Putz regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf restaurative Maßnahmen einzuleiten, um Schäden durch Witterungseinflüsse und andere Umwelteinwirkungen zu vermeiden.

Gestaltete Gefacheputze sind ein faszinierendes Zeugnis handwerklicher Kunstfertigkeit und regionaler Baukultur. Ihre Erfassung, Konservierung und Restaurierung tragen dazu bei, das kulturelle Erbe Deutschlands zu bewahren und zu würdigen. Durch das Bewusstsein und das Engagement von Fachleuten, Denkmalpflegern und der Allgemeinheit kann diese Tradition auch für zukünftige Generationen lebendig gehalten werden.

Quelle: https://kurzlinks.de/b8tf

© Mario Hoesel | AdobeStock
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