In einem Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. November 2022 (2 U 180/21) wurde über die Anwendung des § 648a BGB a.F. auf einen Architektenvertrag entschieden, der eine Reihe wichtiger Implikationen für ähnliche Fälle hat.
Das Gericht bestätigte, dass ein Architekt, der im Rahmen eines Werkvertrags geistige Leistungen für die Errichtung eines Bauwerks erbringt, als Unternehmer im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann. Diese Feststellung hat weitreichende Auswirkungen auf die Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB a.F., insbesondere im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.
Im vorliegenden Fall hatte ein Architekt (A) mit einem Auftraggeber (AG) einen Vertrag über die Modernisierung eines Gebäudes abgeschlossen, der später durch eine freie Kündigung des AG beendet wurde. In der Folge schlossen die Parteien einen neuen Vertrag für die Planungsleistungen eines Wohn- und Geschäftshauses inklusive Abbrucharbeiten. Die Anrechnung der Vergütung aus dem vorherigen Vertrag wurde vereinbart. Nach Verzögerungen bei den Arbeiten verlangte der Architekt eine Sicherheitsleistung für die noch ausstehende Vergütung aus dem beendeten Vertrag.
Das Gericht entschied, dass der Architekt auch nach einer freien Kündigung Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB a.F. hat. Dieser Anspruch besteht solange, wie der Vergütungsanspruch nicht befriedigt ist. Allerdings gilt dieser Anspruch nur für bereits erbrachte Leistungen und nicht für die kündigungsbedingt nicht erbrachten Leistungen. Im Falle einer freien Kündigung muss sich der Architekt auf die vereinbarte Vergütung dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Vertragsaufhebung erspart hat oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erworben oder böswillig unterlassen hat. Diese Anrechnung muss der Architekt darlegen.
Besonders relevant ist die Übertragbarkeit dieser Entscheidung auf die neue Regelung in § 650f BGB (n.F.), die auch auf Architekten- und Ingenieurverträge anwendbar ist. So finden die Regelungen über die Bauhandwerkersicherung entsprechende Anwendung. Im vorliegenden Fall wurde die Höhe der Sicherheit erheblich reduziert, da das Gericht davon ausging, dass ein anderweitiger Erwerb, nämlich der neue Vertrag, ohne die Kündigung des vorherigen Vertrags nicht zustande gekommen wäre.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung von Sicherheitsleistungen für Architekten und Ingenieure und betont die Notwendigkeit einer genauen Darlegung der ersparten Aufwendungen und anderweitigen Erwerbsmöglichkeiten im Falle einer freien Kündigung. In Fällen, in denen kein anderweitiger Erwerb vorliegt, kann die Vergütung für den Architekten oder Ingenieur hoch ausfallen, da ersparte Aufwendungen in der Regel eher gering sind.
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