Aufmaßprobleme gehören zu den häufigsten Streitpunkten im Bauwesen. Ein aktuelles Urteil des Kammergerichts (KG) und ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) unterstreichen, dass die Beweislast für die erbrachten Leistungen beim Auftragnehmer bleibt.
Die Relevanz des Aufmaßes im Bauwesen
Ein korrektes Aufmaß ist essenziell, um die tatsächlich erbrachten Bauleistungen zu ermitteln und abzurechnen. Grundsätzlich sollte das Aufmaß vor Ort und nicht nur auf Basis von Plänen genommen werden. Die Praxis zeigt jedoch, dass dies oft zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftragnehmer (AN) und Auftraggeber (AG) führt. Ein gemeinsames Aufmaß, das beide Parteien bestätigen, kann hier Streitigkeiten vorbeugen.
Die Rechtsprechung: Wer trägt die Beweislast?
Das Kammergericht entschied im September 2021 (Urteil vom 24.09.2021 - 7 U 35/15), dass die Beweislast für die erbrachten Leistungen grundsätzlich beim Auftragnehmer liegt. Dies wird auch durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom Oktober 2022 (BGH, Beschluss vom 19.10.2022 - VII ZR 852/21) bestätigt. Der Auftragnehmer muss also nachweisen, welche Leistungen tatsächlich erbracht wurden, um seinen Werklohnanspruch durchzusetzen.
Ausnahme: Verweigerung des gemeinsamen Aufmaßes durch den Auftraggeber
Eine wichtige Ausnahme besteht, wenn der Auftraggeber ohne berechtigten Grund die Teilnahme am gemeinsamen Aufmaß verweigert und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist. In diesem Fall kehrt sich die Beweislast um: Der Auftraggeber muss dann beweisen, dass die vom Auftragnehmer angesetzten Massen nicht korrekt sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die Verweigerung tatsächlich unbegründet war und keine Möglichkeit für ein neues Aufmaß besteht.
Praktische Hinweise für Ingenieure und Bauunternehmen
Frühzeitige und sorgfältige Dokumentation: Es ist entscheidend, alle erbrachten Leistungen und deren Umfang detailliert zu dokumentieren. Dies umfasst auch die rechtzeitige Erstellung und Bereitstellung der Rotstricheintragungen.
Kooperation und Kommunikation: Ein kooperatives Verhalten zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber ist wesentlich, um Aufmaßprobleme zu vermeiden. Dies beinhaltet die rechtzeitige Terminvereinbarung und die Bereitstellung notwendiger Unterlagen.
Juristische Beratung: Ingenieure und Bauunternehmen sollten sich frühzeitig rechtlich beraten lassen, um im Falle eines Streits gut vorbereitet zu sein. Dies betrifft insbesondere die Kenntnis über die Beweislast und die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Aufmaß.
Die korrekte Ermittlung der Bauleistung durch ein gemeinsames Aufmaß ist von zentraler Bedeutung für die Abrechnung im Bauwesen. Ingenieure und Bauunternehmen sollten daher großen Wert auf eine präzise und rechtzeitige Dokumentation ihrer Leistungen legen und ein kooperatives Verhältnis zum Auftraggeber pflegen. Die jüngsten Urteile verdeutlichen, dass die Beweislast beim Auftragnehmer bleibt, außer in Fällen unbegründeter Verweigerung durch den Auftraggeber.
Durch diese Maßnahmen können aufwändige und kostspielige Streitigkeiten vermieden werden, was letztlich allen Beteiligten zugutekommt. Ingenieure und Bauunternehmen in Brandenburg sind daher gut beraten, sich mit den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen und praktischen Tipps vertraut zu machen, um erfolgreich und rechtssicher arbeiten zu können.
Quellen: