Am 17. Mai fand der diesjährige 24. Ingenieurkammertag unter dem Motto „Zukunft@Bewahren“ statt. Der Tradition folgend begrüßte Kammerpräsident Matthias Krebs alle Ehrengäste und Kammermitglieder und wies zugleich auf das 25-jährige Gründungsjubiläum der Kammer hin, welches am 17. Dezember 2019 festlich begangen wird. In seiner Ansprache ging er u.a. auf die Herausforderungen unserer Zeit ein, z.B. auf das noch ausstehende Urteil zur HOAI beim europäischen Gerichtshof, BIM und die Herausforderungen, die uns mit dem Klimawandel und dem Strukturwandel in der Lausitz bevorstehen. Alles Themen, die in einem starken Zusammenhang zum Motto „Zukunft@Bewahren“ stehen.
Frau Staatsekretärin Jesse vom Infrastrukturministerium legte die Politik zum Strukturwandel in der Lausitz und die nächsten Maßnahmen der Landespolitik eindrucksvoll dar. Besonderen Wert legte sie darauf, dass hier viel Ingenieurleistung gebraucht wird. Zur Thematik des beabsichtigten „kleinen Bauvorlagerechts“ erklärte sie, dass dies im Wirtschaftsministerium diskutiert wird, aber das MIL hiervon nicht begeistert ist und in dieser Legislaturperiode des jetzigen Landtags auch nicht mehr auf die Tagesordnung kommen wird. Darüber werden die zukünftigen Koalitionspartner der neuen Landesregierung beratschlagen.
Geradezu nahtlos schloss sich dann der Vortrag von Sven Tischer, dem Beauftragten der Staatskanzlei für den Strukturwandel in der Lausitz an. Die Zuhörer erhielten viele Informationen zum Sofortprogramm, zum Strukturstärkungsgesetz sowie zur dualen Ausbildung. Elf Handlungsschwerpunkte wurden herausgearbeitet. Die Frage nach Perspektiven für Ingenieure wurde ganz klar mit Ja beantwortet. Die Forschung und Entwicklung erneuerbarer Energien erfordern ein gewaltiges wissenschaftliches und ingenieurtechnisches Know-How. Technik und Leistung von Morgen sollen aus der Lausitzregion kommen. Das geht aber nicht ohne Verbesserung der regionalen Infrastruktur, Logistik und anderer politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen.
Im nachfolgenden Vortrag beschäftigte sich Frau Sabine Blossey vom Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft mit der nachhaltigen Bioökonomie im Land Brandenburg. Das ist die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung nachwachsender Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen. Dafür hat das Land die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe BAUnatur gebildet. Im Vordergrund steht hier das Bauen mit Holz, Lehm und Faserbaustoffen.
Anschließend gab es für die Gäste des Kammertages die Möglichkeit, in drei zeitgleich laufenden Sektionen Fachvorträge zu verschiedenen Themen zu hören.
In der Sektion 1 (Alternative Gebäudehüllen und Baustoffe) u.a. den Vortrag von Prof. Dr.- Ing. Ulrich Schwarz von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde zum Bauen mit Holz – hier speziell zu Holzfassaden. Holz ist der älteste Baustoff und im Land Brandenburg im großen Umfang vorhanden, jedoch wird die Verwendung durch stark einschränkende Regularien noch zu sehr behindert. Was nun die Gäste des Kammertages zu hören und zu sehen bekamen, war eine fundierte wissenschaftliche Betrachtung des Universalbaustoffes Holz. Über allgemeine Anforderungen, physikalische Eigenschaften wie: Schwinden, Quellen und Verdrehen, Verbindungsmittel, Konstruktion, Wasserführung, Holzarten, Oberflächenschutz - alles wurde vorgetragen und löste teilweise erhebliches Erstaunen aus. Holz lebt und ist ein Baustoff der Zukunft! Diese Zukunft hat an der altehrwürdigen Hochschule in Eberswalde schon begonnen, wie u.a. dortige Bauwerke zeigen. Das ist das Ergebnis der nunmehrigen wissenschaftlichen Durchdringung des Baustoffes Holz und Forschung am eigenen Objekt in Eberswalde.
In der Sektion 2 (Alternative Technologien der Gebäudeausrüstung) ging es um die Vitovalor Brennstoffzellenheizung, als realisierbare Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Matthias Hoppe von der Fa. Viessmann berichtete zum Stand der Nutzung von Brennstoffzellen als bezahlbares und autark wirkendes Energieerzeugungssystem im Hausbau. Sowohl Wärme und Strom können über das angebotene Haussystem bezogen werden. Frau Frederike Fuchs führte mit ihrem Vortrag durch die Welt des Bauens mit Stroh. Sie erklärte die Besonderheiten bei der Planung und Genehmigung von Bauwerken mit nicht standardisierten oder nicht zugelassenen Bauprodukten, zeigte Beispielobjekte in Deutschland und der Schweiz und brachte die vielzähligen Zuhörer zum Staunen.
In der Sektion 3 (Individuelle nachhaltige Wohnkonzepte) stellte die Fa. Max – Haus ihre individuellen Wohnkonzepte vor. Sie ist ein Generalunternehmer für individuell planbare Wohnhäuser. Der Unterschied zu anderen Holzhausanbietern besteht in der ökologischen Fertighausbauweise. Darunter ist die Verwendung von Holz und Holzbaustoffen zu verstehen, wie auch eine Holzfasereinblasdämmung und ein ausgeklügeltes Heizungs- und Lüftungskonzept. Stahlträger werden u.a. durch besonders gefertigte Laubholzträger ersetzt. Insgesamt eine sehr innovative Bauweise für ein- bis zweigeschossige Wohn und Bürobauten.
Im Nachmittagsteil stellte Dr. Haiko Pieplow vom Bundesumweltamt ein realisiertes Projekt zum nachhaltigen Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden als Living Lab vor. So z.B. das Paul - Wunderlich - Haus in Eberswalde, das Bundesforschungsministerium, die Plusenergieschule in Hohen Neuendorf und das Schmuttertalgymnasium in Diedorf. Alles realisierte Projekte, an denen die Theorie zur nachvollziehbaren Praxis wird.
Dr.- Ing. Jeremias von tetra ingenieure ging in seinem Vortrag auf die Herausforderungen an Ingenieure und Architekten aus der Umsetzung der Mobilitätskonzepte der Zukunft ein. Vier Sektoren bestimmen hier das Handeln: Stoffliche Nutzung, Wärmeenergie, Elektroenergie und Verkehr. Es ist interessant zu beobachten, wofür und in welcher Verbindung untereinander die Elektroenergie verwendet wird. Nur eine komplexe Aufgabenstellung für ganze Quartiere ermöglicht eine optimale Energieherstellung und Energieverwendung. Elektromobilität ist mehr als nur das Fahrzeug. Das ist die Herausforderung an kreative Ingenieure.
Dr. Norbert Mertzsch vom VBIW befasste sich in seinem Vortrag mit der Energiebilanz der Zukunft. Er stellte die einzelnen Energiequellen vor, untersuchte die Energieeffizienz und stellte dazu drei Bauvorhaben vor, bei denen eine schon bemerkenswerte Energieeffizienz vorliegt. Er stellte auch die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen dar und wagte einen sehr bemerkenswerten Blick in die atomare Energiezukunft.
Herr Rainer-Karl Bock-Wehr von der HDI Versicherung AG setzte sich zum Schluss des Tages mit der Frage auseinander: Warum ist Bauen in Deutschland so schwer? Anhand verschiedener Beispiele von Bauvorhaben der öffentlichen Hand wurde diese sehr aktuelle Thematik aus der Sicht eines Schadensregulierer dargelegt. Allein bei der Darstellung der am Bau Beteiligten wurde nachvollziehbar, wie kompliziert das Räderwerk ist.
Alle Referenten des Nachmittags haben sich in ihren Vorträgen thematisch ergänzt und dabei aufgezeigt, wie kompliziert es sein wird, den zukünftigen Energiebedarf abzudecken. Es ist beeindruckend zu sehen, wie wissenschaftlich viele der Ingenieure heute schon arbeiten und somit die Zukunft absichern wollen. Der Planer muss zukünftig ganzheitlich denken und entwerfen, also nicht nur einen Grundriss planen oder die Konstruktion berechnen, sondern u.a. auch die Energieeffizienz mit berücksichtigen.